HEDI SCHNEIDER STECKT FEST

DE/NO · 2015 · Laufzeit 90 Minuten · FSK 12 · Komödie, Drama · Darsteller: Laura Tonke, Hans Löw, Simon Schwarz u.a.

 

ERÖFFNUNG DER FRAUENGESUNDHEITSTAGE

 

Eine Komödie über Panikattacken und Angsterkrankungen zu machen, ist ein ehrgeiziges Vorhaben, zumal in Deutschland, wo der Hang zur Selbstbespiegelung oftmals den Humor erstickt. Sonja Heiss hat die Aufgabe halbwegs couragiert gelöst, was vor allem der guten Hauptddarstellerin zu danken ist: Mit einigem Charme und ohne Betroffenheitsduselei spielt Laura Tonke eine liebenswerte Frau, die versucht, sich nicht unterkriegen zu lassen und auch in den größten Untiefen der Depression ihren Humor und ihre Schlagfertigkeit zu behalten.

 

www.programmkino.de

Hedi Schneider ist eine moderne, junge

Frau mit allem, was man so zum Glücklichsein braucht: Sie hat einen liebevollen

Ehemann, einen entzückenden kleinen Sohn und einen nicht allzu anstrengenden

Job. Doch eines Tages ist Schluss mit der Familienidylle, denn Hedi wird plötzlich

von Angstzuständen geplagt, die sich nur mit Beruhigungsmitteln eindämmen

lassen. Aus der fröhlichen, aktiven Frau wird ein weitgehend passives Wesen,

das sich krankheitsbedingt vor allem um sich selbst kümmert. Das ist für Hedis

Mann Uli und für ihren Sohn Finn nur schwer zu ertragen. Trotzdem versuchen sie

einzeln und gemeinsam alles Mögliche, um Hedi zu helfen, ihren Optimismus und

damit auch sich selbst wiederzufinden. Es dauert eine Weile, bis es Hedi besser

geht. Doch als es so weit ist, hat sie Uli schon fast verloren.

 

Wie kann man aus so einem ernsthaften

Stoff eine Komödie machen? – Als Zutaten benötigt man neben einer großen

Portion Courage vor allem Humor, nach Möglichkeit in einer situationsgerechten

Ausprägung, so dass die Krawallkomik absolut ungeeignet wäre. In diesem Fall

ist Selbstironie das erste Mittel der Wahl, zusätzlich gewürzt mit Dialogwitz

und einer Prise Situationskomik. Dies zeigt sich an Hedis Umgang mit ihrer

Krankheit ebenso wie an ihren Versuchen, sie wieder los zu werden. Dabei hilft

ihr Uli, der mit seiner sensiblen, liebenswürdigen Art beinahe wie ein gut

ausgebildeter Psychologe zu Werke geht, allerdings mit dem Unterschied, dass er

unter Hedis Ängsten und Stimmungsschwankungen am meisten leidet. Ihretwegen

verzichtet er sogar auf seinen Traumjob. Dass er irgendwann an seine

emotionalen Grenzen kommt, ist ebenso naheliegend wie verständlich. Hans Löw

spielt den Uli als Musterbeispiel eines Partners, der praktisch alle idealen

Eigenschaften eines Ehemannes und Vaters in sich vereint. Dies gelingt Hans Löw

sehr authentisch dank einer sensiblen Ausstrahlung, die ihn in seiner

engelsgleichen Geduld weder als überfürsorglich noch als Softie erscheinen

lassen.

 

Laura Tonke bringt sowohl im Spiel als

auch in ihrer äußerlichen Erscheinung alles mit, was Hedi Schneider ausmacht.

Da ist die Neigung zu alberner Kleidung, die ihr etwas Kindliches gibt –

vielleicht auch ein Symbol für den Wunsch, nicht erwachsen zu werden. Da ist

aber auch die Lebensfreude, die sie ausstrahlt und die sie trotz ihrer

Krankheit nie ganz verlieren wird, obwohl es manchmal so aussieht, als würde

sie nun endgültig ins Reich der Depression abgleiten. Wie Laura Tonke diese

schwierige Rolle bewältigt, ist einfach toll. Phasenweise dämmert Hedi nur noch

vor sich hin, oder sie wankt, dank ihrer Tranquilizer, die sie in Höchstdosierung

einnimmt, glückselig durch die Gegend. Die Hedi vom Anfang, diese liebenswerte,

unbeschwerte, junge Frau wird nicht mehr zurückkehren, und Laura Tonke spielt

die Veränderung mit sehr viel Überzeugungskraft.

 

Sonja Heiss hat selbst einige Zeit unter

einer Angststörung gelitten, daher kennt sie sich gut aus mit dem

Krankheitsbild, und das wird beinahe überdeutlich. Eines ihrer Anliegen ist

wohl auch, zu zeigen, dass es keinen direkten Auslöser dafür geben muss, dass

es jeden treffen kann. So verwendet sie zu Beginn viel Zeit auf die mehr oder

weniger alltäglichen Katastrophen, die möglicherweise dazu beitragen könnten,

dass ausgerechnet die lebenslustige Hedi angstgeschüttelt zusammenklappt. Da

gibt es unter anderem: eine tote Tante, das Rumgenerve und den

Selbstmordversuch eines Kollegen sowie das titelgebende Feststecken im

Fahrstuhl. Ein wenig mehr Vertrauen auf die Fantasie und den Verstand des

Publikums wäre hier wünschenswert gewesen. Doch auch wenn das Drehbuch manchmal

etwas unentschlossen zwischen Informationsvermittlung und Geschichtenerzählen

schwankt, auch wenn die Leichtigkeit gelegentlich etwas gezwungen wirkt, so

sind es doch die großartigen Darsteller und die angenehm natürlichen Dialoge,

die den Film sehenswert machen – als kleine Komödie, die mutig mit Angst

umgeht. 

Gaby Sikoarski

Quellel: www.programmkino.de

Mehr anzeigen
AB 12 JAHREN / 92 MINUTEN
Filmplakat des Films HEDI SCHNEIDER STECKT FEST