EIN MANN NAMENS OVE
SE · 2015 · Laufzeit 117 Minuten · FSK 12 · Drama, Komödie · Darsteller: Rolf Lassgård, Bahar Pars, Filip Berg u.a
"Mit "Ein Mann namens Ove" legt der schwedische Regisseur Hannes Holm ("Familienchaos") eine toll gespielte und inszenierte Tragikomödie vor. Basierend auf dem gleichnamigen Roman seines Landsmanns Fredrik Backman nimmt Holm einen Rentner in den Blick, der die tiefe Trauer um seine Frau in bärbeißigen Kommentaren und großer Streitlust auslebt. Eigentlich will er sich nur ganz in Ruhe das Leben nehmen - aber wo findet man noch Ruhe und Ordnung in dieser Welt? Wie in anderen Dramen ähnlicher Ausrichtung (etwa "About Schmidt") findet Ove Schritt um Schritt zurück ins Leben, und zwar mit Hilfe einer neuen Nachbarin aus Persien. Das ist gleichzeitig urkomisch und ernsthaft zu Herzen gehend."
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Wer
in Oves Nachbarschaft lebt, hat nicht gut Kirschen essen. Der grantige Rentner
durchstreift allmorgendlich die beschauliche Wohnsiedlung seines schwedischen
Heimatstädtchens. Auf den ersten Blick ist hier alles in bester Ordnung:
Kleinfamilien, allgemeine Harmlosigkeit, viel Ruhe. Doch Ove sieht das anders.
Seiner Ansicht nach versinkt die Siedlung im Chaos, wenn jemand zum Beispiel
das Tor offen lässt oder das Fahrverbot nicht einhält.
Wer
Ove zum Nachbarn hat, kann aber auch Gutes daraus ziehen. Denn Ove, das liegt
trotz allem auf der Hand, ist unter der grantigen Schale ein feiner Kerl,
meistens zumindest. Das merkt auch seine neue persische Nachbarin Parvaneh, die
mit ihrem Mann und der kleinen Tochter ins Haus nebenan zieht. Obwohl die erste
Begegnung ruppig ausfällt, wenn Ove die Familie wegen des Fahrverbots
zurechtweist, erkennt Nasanin auf Anhieb den weichen Kern des Rentners.
Außerdem
geht es Ove nicht so gut. Schon in der Auftaktszene will sich der 59-Jährige
das Leben nehmen, doch es kommt etwas dazwischen. Dasselbe Spiel wiederholt
sich mehrere Male. Rückblenden, die jeweils als Binnenerzählung der verpatzten
Suizidversuche aufklappen, fächern die Gründe für Oves Verbitterung und seine
Abwehrhaltung gegen alles Emotionale auf. Seit dem tragischen Tod seiner Frau
Sonja vor ein paar Monaten lebt der Witwer zurückgezogen. Selbst seinen besten
Kumpel, mit dem ihm eine lebenslange Rivalität in der Frage "Wer fährt das
bessere Auto?" verbindet, will Ove nichts mehr zu schaffen haben. In der
bittersten Szene der Tragikomödie flüstert Ove seinem früheren Kumpel, der
nichts erwidern kann, bittere Worte ins Ohr.
Bei
aller Tragik kommt aber auch der Humor nicht zu kurz. Dass Hannes Holm eine
gute Balance zwischen tragischen und komischen Momenten findet und dabei –
aller Dramatik zum Trotz – nie in seichten Kitsch rutscht, lässt "Ein Mann
namens Ove" runder wirken als ähnlich angelegte Tragikomödien mit alten,
zeternden Männern, die sukzessive neues Lebensglück finden. Die in den Rückblenden
erzählte Liebe-auf-den-ersten-Blick-Geschichte ist tatsächlich berührend und
auch Oves tiefe Trauer, die in der dramatisch, aber ebenfalls nicht kitschig
anschwillenden Musik Widerhall findet, wirkt glaubhaft. Spannender als die
Trauer und Oves Gemecker ist indes die Vater-Tochter-artige Beziehung zwischen
Ove und Parvaneh. Nach einer Weile nimmt Ove sogar eine Katze bei sich auf, die
gewissermaßen symbolisch für die smarte und taffe Parvaneh steht, die über kurz
oder lang zur wahren Heldin des Films avanciert.
Filmisch
lehnt sich Hannes Holm nicht weit aus dem Fenster, zimmert aber einen passenden
Rahmen für die Geschichte. In oft unbewegten, vom Stativ gefilmten Bildern
lotet er die Beziehungen der Figuren untereinander aus. Die entsättigte, weiche
Farbgebung etabliert eine gewisse Tristesse, setzt aber auch Farbakzente, die
im Verlauf der Handlung immer mehr Oberhand gewinnen. Während am Anfang allein
der hellblaue Strick, mit dem sich Ove erhängen will, einen Farbtupfer setzt,
bringt im weiteren Verlauf vor allem Parvaneh, deren Name auf Persisch übrigens
"Schmetterling" bedeutet, Farbe ins Spiel.
"Aus
diesem Leben kommt niemand lebend raus," sagt Ove einmal. Wo er Recht hat,
hat er Recht. Doch vielleicht sagt er solche Sachen nicht, weil er Menschen
nicht leiden kann, sondern weil er ein zu großes Herz hat – und vielleicht
braucht einer wie Ove erst eine liebenswerte Nachbarin, die in zurück ins Leben
begleitet.
Christian
Horn
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